Theateraufführung Woyzeck
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Förderverein der Städtischen Fachoberschule München für Wirtschaft, Verwaltung und Rechtspflege e.V.

Seit einigen Jahren führt die Theater AG unter der Regie von Gisela Burger und Johannes Pfeiffer Theaterstücke auf. Dieses Jahr stand das Stück "Woyzek" von Georg Büchner auf dem Programm

Theaterstück Woyzek von Georg Büchner

Theaterkritik von Achim Höpner ud Ulrich Lein

Ethik und Moral

 
 

 


24.03.2011 Theater AG überzeugt mit WOYZEK von Georg Büchner

 

von Achim Höpner und Ulrich H. Lein

Am 22.3 und 23.3 führte die Theater AG der Schule unter der Leitung von Gisela Burger und Johannes Pfeiffer das Theaterstück Woyzek auf.

Als Darsteller traten auf:Lorenz Grad, Katrin Aab, Mihaela Dimitrova, Pia Keil, Kim Tran und als Moderatorin Anne Hingerl
Für den Umbau sorgten Sebastian Hiermer und Sebastian Zeitler, für den Sound Jakob Ströher.

Inhalt des Stückes
Der einfache Soldat Franz Woyzek, der seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind finanziell zu unterstützen versucht, arbeitet als Laufbursche für seinen Hauptmann. Um sich einen zusätzlichen Verdienst zu seinem mageren Sold, den er restlos an Marie abgibt, zu sichern, lässt er sich von einem skrupellosen Arzt zu Versuchszwecken auf Erbsendiät setzen. Hauptmann und Arzt nutzen Woyzek nicht nur physisch und psychisch aus, sondern demütigen ihn obendrein in aller Öffentlichkeit. Als Marie heimlich eine Affäre mit einem Tambourmajor beginnt und Woyzeks aufkeimender Verdacht sich bestätigt, nachdem er Marie im Wirtshaus beim Tanz mit dem Nebenbuhler beobachtet hat, glaubt er, innere Stimmen zu hören, die ihm befehlen, die treulose Marie umzubringen. Weil sein Geld für den Kauf einer Pistole nicht ausreicht, besorgt er sich ein Messer, führt Marie auf einem abendlichen Spaziergang in den nahegelegenen Wald und ersticht sie dort am Ufer eines Sees. (Quelle: www.wikipedia.org/woyzeck)

Kritik
Leider konnte der Arzt und Philosoph Georg Büchner sein Theaterstück nicht mehr vollenden. Es ist deshalb nicht ganz abgerundet, aber dennoch wert aufgeführt zu werden.

Gisela Burger und Jo Pfeiffer haben es verstanden das Stück aus den Jahren zwischen der französischen und der deutschen Revolution in unsere Zeit wirken zu lassen. Interessanterweise wurde das Stück in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg aufgeführt. War die Zeit damals reif für das Stück?
Die Themen (Ohn-)Macht, unüberwindliche soziale und religiöse Hierarchien, empfundene Unterdrückung und Ausbeutung der Schwächeren und eine zweifelhafte Moral sind in vielen Regionen außerhalb Europas von einer brisanten Aktualität.

Aber offensichtlich nicht bei uns, sonst hätte das Stück mehr verdiente Zuschauer bekommen. Die Anwesenden waren angetan von der Idee der Regisseure die Schauspieler in wechselnden Rollen agieren zu lassen. Eine Rolle (Woyzek). wurde dabei nicht durch einen Darsteller, sondern durch ein bestimmtes Kleidungsstück (blaue Jacke) identifiziert und nach jeder Szene  zufällig neu verteilt. Ein Ausbrechen aus der eigenen Rolle kann ein erster Schritt zum Ausbrechen aus der eigenen Situation und Stellung sein. Wer  mehr sein will als Staub, Sand, Dreck , wie es die Moderatorin zu Beginn anbietet, muss sich am Angebot orientieren und selbst nach dem Kleidungsstück seiner Wahl greifen, oder er muss sich mit dem abfinden, was übrig bleibt. Auch in der modernen Gesellschaft streben Menschen mit den unterschiedlichsten Mitteln nach Macht und Unabhängigkeit und verteidigen ihre Positionen und Eigeninteressen.

Viele stoßen aber schon vor dem Konkurrenz- im Existenzkampf an ihre Grenzen, wie Woyzek. Gedemütigt muss er für niedrige Arbeiten und Experimente zur Verfügung stehen, um seine Freundin und das gemeinsame Kind ernähren zu können. Zu alledem muss er sich von der Gesellschaft und ihren Vertretern auch noch als unmoralisch bezeichnen lassen. Und dann ist da auch noch das eigene schlechte Gewissen, dem Wertemaßstab nicht zu entsprechen. Auch heute sind viele hin- und hergerissen zwischen der Befriedigung der Bedürfnisse und Wünsche einerseits und den eigenen, bzw. den in sie gesetzten, Erwartungen andererseits.

Woyzeck tötet schließlich, nicht etwa den Major, den Hauptman oder seinen Doktor, sondern die Marie, die Mutter seines Kindes, die ihn offensichtlich mit dem Tambourmajor betrügt. (Ob das endgültige Stück auch so geendet hätte?) Da der Sinn seiner Prostitution, und seines Daseins ohne Perspektive, endet, ein nachvollziehbarer, aber (selbst)zerstörerischer Schritt. Woyzek scheitert ebenso wie die Revolutionäre von 1848 offensichtlich am System.

Ethik und Moral Natürlich stellt sich dann auch die Frage nach einer Lösung, Vermeidung oder zumindest nach der Verantwortung. Macht man sich schuldig, wenn man andere missbraucht? Oder, wenn man andere ausnutzt? Oder wenn man andere herablassend behandelt?
Oder macht man sich schon schuldig, wenn man nur seine Eigeninteressen verfolgt? Oder gar, wenn man nur tatenlos zusieht? Oder ist jeder letztendlich für sich selbst verantwortlich?

Wer sich für Ethik und Moral interessiert kann sich am Mittwoch, den 30.3.2011 um 13:30 Uhr an einer Diskussion über Wirtschaftsethik an der FOS beteiligen.

Am Ende gab es herzlichen Applaus sowie Blumen und Ostereier vom Förderverein für das gesamte, wunderbar kreative Theater Team.

Welches Drama folgt im nächsten Jahr? Nach den Brandstiftern vom letzten Jahr und dem düsteren Mord von diesem Jahr, vielleicht mal etwas Amüsanteres?

Wir sind gespannt!

Hinweis: Geplant ist hier eine Stellungnahme der Regisseure in Form eines Interviews zu veröffentlichen.

Das Theaterstück oder zumindest Teile werden bald online einsehbar und auf DVD erhältlich sein.